Im Gespräch mit reconcept-Geschäftsführer Karsten Reetz
Herr Reetz, 2023 neigt sich seinem Ende zu. Ukraine-Krieg, Inflation und nicht zuletzt der aufgeflammte Nahost-Konflikt gehören zu den Themen, die auch die Kapitalmärkte beschäftigt haben. Auch am Markt der Erneuerbaren Energien ging es bewegt zu – Stichwort neues EEG und COP23 einerseits und andererseits das durch das Karlsruher Urteil entstandene Haushaltsloch für Klimaschutz-Finanzierungen. Wie hat sich reconcept in diesem Marktumfeld behauptet?
Reetz: 2023 war tatsächlich in vielerlei Hinsicht turbulent. Mit Blick auf unsere Unternehmensentwicklung können wir jedoch eine positive Bilanz ziehen. Auch in diesem herausfordernden Marktumfeld haben wir in beiden Geschäftsbereichen – in der Projektentwicklung wie auch im Investment und Asset Management – gute Ergebnisse erzielt.
Ein positives Fazit also, können Sie das näher erläutern? Was hat sich bei reconcept 2023 getan?
Reetz: Blicken wir zunächst auf unseren Geschäftsbereich Projektentwicklung. 2023 haben wir unser Projektportfolio deutlich erweitert – und dies in allen drei Kernmärkten, in Deutschland, in Finnland und in Kanada. Unsere Geschäftsstrategie besteht ja darin, Erneuerbare-Energien-Projekte bis zur Baureife (Ready-to-Build) zu entwickeln und diese in diesem Status gewinnbringend an Investoren zu verkaufen. Allein in Deutschland arbeitet unser Projektentwicklungsteam aktuell an rund 50 Solarprojekte mit etwa 870 Megawatt-Peak. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Plus von über 25 Prozent. In Finnland – hier liegt unser Schwerpunkt auf Windenergie – wird derzeit ein Projektumfang von 3.000 Megawatt bearbeitet. Das Projektportfolio wächst dabei stetig. So wurde kürzlich im November ein weiterer Pachtvertrag für eine Fläche im Nord-Osten des Landes unterzeichnet, der die Realisierung eines Windkraftprojekts mit voraussichtlich 800 MW ermöglicht.
Die Projekt-Pipeline von reconcept wächst somit rasant. Konnten 2023 denn schon Projektrechte erfolgreich verkauft werden?
Reetz: Oh ja. In Finnland haben wir über unsere Tochtergesellschaft Tuulialfa Oy eine Windpark-Transaktion erfolgreich abgeschlossen. Die Vereinbarung umfasst sechs Windkraftprojekte mit in Summe 1.200 Megawatt, bestehend aus voraussichtlich 150 Turbinen. Über den Verkaufspreis wurde Stillschweigen vereinbart, aber so viel lässt sich sagen: Erste Zahlungen sind 2023 bereits erfolgt.
Und mit Blick auf Ihr Emissionsgeschäft? Wie verlief es für Ihre Investoren?
Reetz: Wir haben 2023 zwei depotfähige, börsennotierte Solar Bonds erfolgreich vollplatziert. Die Anleihemittel dienen vor allem dem Erwerb und der Entwicklung unserer Photovoltaik-Projekte mit Schwerpunkt auf Nord- und Ostdeutschland. Beide Solar Bonds erfreuten sich einer großen Nachfrage. Die Emissionsvolumina haben wir aufgrund des hohen Investoreninteresses mehrfach aufgestockt. In Summe konnten 2023 18 Mio. Euro bei Anlegern eingeworben werden. Etwa 2.000 Investoren sicherten sich den attraktiven Zinssatz von jeweils 6,75 Prozent p.a. Das Emissionsgeschäft verlief 2023 damit plangemäß und für unsere Anleihe-Investoren zudem stets mit pünktlichen Zins- und Rückzahlungen.
Herr Reetz, die Windenergie stand für reconcept über viele Jahre im Fokus. Inzwischen realisieren Sie aber auch Solarparks. Welche Chancen sehen Sie aktuell in der Solarwirtschaft?
Reetz: Das Marktpotenzial ist enorm. Gesunkene Kosten, ein höheres Bewusstsein für den Klimawandel und ehrgeizige Ausbauziele der Politik haben die Solarenergie weltweit beflügelt. In Deutschland soll sich die installierte Photovoltaik-Leistung verdreifachen auf 215 Gigawatt (GW). Das ist ein Booster für die Branche: für Hersteller von Solarzellen und Modulen, Projektentwickler und Anlagenbetreiber, aber auch für nachhaltig orientierte Investoren. Solarenergie rechnet sich, insbesondere Photovoltaik – sie gehört heute zu den günstigsten Erneuerbare-Energien-Technologien. Es ist damit zu rechnen, dass die Stromgestehungskosten für Photovoltaik künftig noch weiter sinken werden.
Die Energiewende ist eines der ambitioniertesten politischen Projekte, das es in Deutschland jemals gab. Wo stehen wir und was ist 2023 aus Sicht von reconcept gut gelaufen und wo knirscht es noch?
Reetz: Das EEG 2023 hat tatsächlich Richtungsweisendes bewegt. Im Bereich Solarenergie beispielsweise ebnet das neue EEG mit größeren Ausschreibungsmengen und höheren Vergütungssätzen für PV-Dach- und Freiflächenanlagen den Weg. Das ist gut so, doch gleichzeitig gelten aktuell noch sehr weitreichende gesetzliche Beschränkungen für mögliche Solarparkstandorte. Im EEG sind genau definierte Flächenkulissen vorgegeben, in denen PV-Anlagen förderungsfähig sind. Das EEG zählt dazu allein die Realisierung von PV-Freiflächenanlagen auf Verkehrsrandstreifen, Konversionsflächen und in ausgewählten benachteiligten Gebieten. Das wird nicht reichen, um das Ziel von 215 Gigawatt bis 2030 zu erreichen.
Doch wir blicken trotz allem sehr zuversichtlich ins neue Jahr. Denn die grüne Energierevolution ist weltweit in vollem Gange und sie ist unumkehrbar. Bei allen Herausforderungen – Erneuerbare Energien bleiben ein lukrativer Wachstumsmarkt.
Herr Reetz, vielen Dank für diese tiefen Einblicke.